Kochgeschichten

Alles Tomate – der Dirigent und sein Orchester

19. August 2018

 

 

Der Dirigent und sein Orchester – einer kann ohne den anderen nicht sein, jeder hat eine wichtige Rolle, auf das Zusammenspiel kommt es an.

 

 

So auch beim alljährlichen Tomatenfest der Großfamilie aus St. Florian, aber dazu später.

 

Sie lebten lange in Italien, kamen 1973 dann wieder nach Linz zurück, zogen 10 Jahre später in ihr Haus nach St. Florian. Dort haben sie begonnen, Tomaten einzukochen, wie sie es in Italien mit Freunden zelebrierten – alljährlich, damit die Familie mit dieser köstlichen Sauce einige Zeit auskam.

Die Familie wuchs – zu den fünf eigenen Kindern gesellten sich im Laufe der Zeit Partner dazu, dann Enkelkinder.

Grund genug, um das jährliche Tomateneinkochen zu einem fixen Treffpunkt aller Familienmitglieder und einigen Freunden zu machen –  mittlerweile seit ca. 25 Jahren.

Und ich durfte dieses Jahr dabei sein! Eine große Ehre und Freude für mich!

Ein heißer Tag, wissentlich, dass sich alles im Freien und in der Garage abspielen wird, habe ich sommerliche Bekleidung gewählt und natürlich flaches Schuhwerk.

Die Organisation und die Verantwortung wurde bereits an einen Sohn der Familie übergeben, den Dirigenten und Zeremonienmeister, in dessen Haus sich alles abspielt.

 

Viel Arbeit vorher, am Tag des Geschehens und auch danach.

400 kg Tomaten wurden aus Italien importiert, Unmengen an Gemüse gekauft, die Räumlichkeiten vorbereitet.

Man merkt die langjährige Erfahrung der Familie –  Biertische wurden mit Plastikfolien abgedeckt, Müllsäcke jeweils am Ende eines jeden aufgehängt – es gab Plastikhandschuhe in 4 verschiedenen Größen, Getränke, Messer, Schneidebretter, Plastikgefäße…..

 

Mehrere, zusammengestellten Biertische bilden die Arbeitsfläche der Tomatenschneider, mindestens 8 – 10 Personen sind damit beschäftigt, die Tomaten zu waschen, den Strunk herauszuschneiden, sie zu würfeln, in großen Plastikkörben zur Garage zu bringen. Dort spielt sich dann der Kochprozess ab.

 

 

An drei, der Länge nach zusammengestellten Tischen, werkeln die Gemüseschnipsler, zu denen auch ich gehöre . Auf dem Tisch klebt ein Zettel mit den Mengenangaben. Ziel ist es pro abgewogener Menge Tomaten die richtige Menge an Gemüse beizusteuern.  Als Miss Knoblauch schäle und zerkleinere ich die Knoblauchzehen, gebe diese in eine kleine Schüssel, meine Nachbarin gibt ihren Teil, die geschnittenen Pfefferoni dazu, dann gehts weiter mit Zwiebel, Karotten, Stangensellerie, Basilikumblätter, Salz und Olivenöl.

 

Die Frau des Hauses werkelt überall mit, packt an, wo Hilfe gebraucht wird, umsorgt uns, bringt Getränke – auf den Bechern wird dein Name vermerkt, damit es in der Hitze des Gefechtes zu keinen Verwechslungen kommt.

 

 

Und so stehen wir über Stunden, tratschen, hängen unseren eigenen Gedanken nach – und wir sind der Meinung – es hat etwas Meditatives.

 

 

 

 

 

Im Hintergrund hört man die Tomatenschnipsler lachen, Geschichten erzählen; einige Männer befestigen Planen zwischen Haus und Garage als Sonnenschutz – sie diskutieren die Befestigungsmöglichkeiten.

 

Besonders schön finde ich, dass die Kinder, von klein bis groß mit solcher Freude auch dabei sind. Sie waschen Tomaten, spritzen mit dem Wasser, lachen und sind Teil des Ganzen.

Auch das Geburtstagskind, der nun 8-jährige Sohn des Hauses, hat riesengroßen Spaß und wird mit Torte und Geschenken gefeiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der Garage, dem sicher heissesten Arbeitsplatz dieses Tages, wird in drei riesigen Kochtöpfen das Tomaten-Gemüsegemisch geköchelt. Der Hausherr hat alles im Visier und achtet darauf, dass die Tomaten zuerst ca. 20 min kochen, damit die Flüssigkeit aus den Tomaten austreten kann, um dann zu ‘verdampfen’. Anschließend beginnt die ca. einstündige Reduzierungs(Reduktions)-Phase, in der es sehr wichtig ist, ständig zu rühren, damit sich die Masse nicht am Boden anlegt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es wird abgeschmeckt, diskutiert, gerührt, Schweiß gewischt, Wasser getrunken, zu späterer Stunde dann auch ein Bier – nur zum Ausgleich des Mineralien-Haushaltes 🙂

Die Stunden vergehen, zur Stärkung gibt es gegrillte Würstel, Cevapcici, Salate……

Der Inhalt des ersten Topfes  wird als gut befunden und wird durch eine große ‘Flotte Lotte’ gedreht, damit die Haut vom Rest getrennt wird. Und schon gehts ans Abfüllen. Die vorbereiteten Gläser werden verschraubt und später, von jeder Familie selber, noch ca. 15 min bei 160 bis 180 Grad im Wasserbad erhitzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Tag neigt sich dem Ende, dankbar, mitten in diesem Geschehen gewesen sein zu dürfen und vor allem den Zusammenhalt dieser Familie von klein bis groß, von jung bis nicht mehr ganz so jung erleben zu dürfen.

Diese Familie ist für mich auch ein Beispiel dafür, dass wir unsere Kinder mit unseren Meinungen, Vorlieben, seien es Reisen, Essen, Kochen, Lesen, div. Sportarten etc. prägen.

 

Die Senior-Chefin ist glücklich darüber, dass dieses Tomatenfest von Generation zu Generation weitergeht. Die Vorliebe für Italien, das Kochen und Essen haben sie und ihr Mann jedenfalls an alle ihre Kinder weitergegeben…hat doch einer der Söhne sogar sein eigenes Restaurant in Linz.

 

 

Sie feiern noch weiter bei Pasta, frischer Tomatensauce und Wein …. ich entferne mich ganz langsam vom Haus, höre die Stimmen und das Lachen der Gesellschaft und habe einen Grinser im Gesicht.

 

 

 

 

 

 

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1 Comment

  • Reply Margarete Goetzloff 19. August 2018 at 23:00

    Hallo Karin,
    wenn wir nicht schon den Sugo hätten , würden wir noch heute nach deinem Rezept anfangen.
    Viel Erfolg
    Stutzi+Dietmar

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