Karin unterwegs Kochgeschichten Rezepte

Die Signora und ihr Apfelstrudel

24. Februar 2019

Ende meines Morgenlaufes! Ich biege ab und tauche ein in die Duftwolke aus Kaffee und Brioche, den italienischen Croissants, die gerade frisch aus dem Backrohr kommen.

 

An jedem meiner Gradotage gehe ich am frühen Morgen, also so ca. um 7.00 Uhr, eine Runde laufen.

Als Belohnung genehmige ich mir un cafe al banco, also einen schnellen Espresso an der Bar in einem Cafe Ristorante an der Diga Nazaro Sauro, am Lungomare in Grado.

Ein Lokal, welches einen großen Zulauf hat – zu jeder Jahreszeit. In der Nebensaison, wie jetzt im Februar, tummeln sich sonntags bei schönem Wetter an der Promenade tausende Menschen. Die meisten sind Italiener, junge und ältere, mit Kindern, Hunden … auch Österreicher sind darunter, vor allem Kärntner, welche die kurze Autofahrt nutzen um Meerluft zu schnuppern. Die Korbsessel des Lokals laden zum Verweilen in der Sonne ein – egal ob für Spritz Aperol oder Kaffee, man sitzt herrlich mit Blick auf das Meer.

An solchen Tagen ist es turbulent – hinter der Bar stehen einige Kellner, richten die Bestellungen her, andere holen die Tablets und bringen sie zu den Tischen. Kinder, Roller, Bälle, Hunde…..sie alle geraten zwischen die Beine der Kellner. Tische werden abgeräumt, neu eingedeckt, schmutziges Geschirr wird abgeladen – und die Signora, la padrona, also die Chefin mittendrin in diesem Trubel. 

Ich kenne ihr Alter nicht! Sie trägt immer einen weißen Mantel, die Haare schön ‘gelegt’, etwas Lippenstift oben, leicht rote Backen – sie hat alles und jeden im Griff.

 Allora…. an so einem Morgen also, wenn ich das Lokal betrete, sitzen an einem Tisch neben der Bar einige Männer, einige Frauen, plaudern, lachen, lesen die Zeitung und trinken ihren Kaffee. Der Gastraum strahlt eine Ruhe aus, wie es nur in den Morgenstunden sein kann. Die Signora empfängt mich mit einem Lächeln, sie kennt meine Bestellung schon. 

Während der Espresso in die kleine Tasse rinnt, tratschen wir, reden über meine Abreise in zwei Tagen und ich erkundige mich wieder einmal, wann Sie ihren ‘strudel di mele’, den Apfelstrudel backen würde.

Bei einem meiner letzten Besuche kamen gleiche mehrere Gradesinnen ins Cafe und fragten danach, sie wurden vertröstet. Sie haben mich neugierig gemacht auf die italienische Variante. 

Ich traue mich, und äußere den Wunsch, mit ihr gemeinsam backen zu wollen. Sie runzelt die Stirn, überlegt und meint ‘Heute geht es nicht, aber morgen, bevor du wieder heimfährst, da machen wir den Strudel gemeinsam’. 

In Gedanken mache ich einen Luftsprung vor Freude – ich habe ein Backdate!

Am nächsten Tag rücke ich an mit einem nett verpackten Primerl als Frühlingsgruß und kleines Dankeschön.

Kurze Anweisung was zu tun ist, Händewaschen und los gehts. Die Signora steht in dem Arbeitbereich, in dem normal die Pizzen gemacht werden. Die Zutaten liegen schon bereit. Sie mischt den Teig, zeigt es mir natürlich Schritt für Schritt, ich fotografiere und schäle immerhin die Äpfel und schneide sie in dünne Spalten. 

Immer wieder geht die Glastüre auf, Gäste kommen herein. Die Signora kennt sie alle, bittet um etwas Geduld, da sie gerade eine österreichische Bankerin da hat, die in Wien eine Konditorei aufmachen wird… ich korrigiere natürlich!! … ich sei aus Linz … und naja, das mit der Konditorei ….und so wird hin und her geblödelt. 

So schnell wie die Gäste kommen, sind sie auch wieder weg. Es wird der Espresso, schwups die wupps in den Rachen geschüttet, über Wetter und Befindlichkeiten kurz gesprochen und draußen sind sie wieder.

Während der Strudel dann im Backrohr ist, haben wir wieder Zeit zum Reden. 

Sie erzählt aus früheren Zeiten. Von vielen Lokalen, die sie und ihr Mann schon in Grado gehabt hätten, von Urlaubsreisen in die Ferne, von den Kindern, die am Wochenende im Lokal helfen und während der Woche ganz anderen Jobs nachgehen. Seit einigen Jahren ist ihr Mann nicht mehr, und sie arbeitet jeden Tag von 6.00 Uhr morgens bis in die Nacht hinein. Das ist ihr Leben. Ihr Augen leuchten beim Erzählen. Ich nehme ihr das ab! Das ist ihr Leben! 

 

Treffpunktküche

Folgendes benötigt man für die Herstellung des Apfelstrudels

Zutaten:

  • 300 g Mehl glatt
  • 300 g kalte Butter
  • etwas Wasser
  • Salz
  • 1 Brioche/Croissant hart
  • Kristallzucker
  • brauner Zucker
  • etwas weiche Butter
  • 5 große Äpfel

Das Mehl auf der Arbeitsfläche verteilen, mit etwas Wasser vermischen, bis ein weicher Teig entstanden ist, dann erst die Butter dazugeben, salzen und gut verkenten. Bei Bedarf nochmals etwas Wasser dazugeben. Wenn der Teig nicht mehr klebt, in eine Schüssel geben und für ca. 10 min im Kühlschrank rasten lassen.

In der Zwischenzeit die Äpfel schälen, vierteln, vom Kerngehäuse befreien und in dünne Spalten schneiden.

Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen, halbieren und einen Teil mit einem Nudelholz auf einem bemehlten Blatt Backpapier auswalken – nicht zu dünn.

Die Apfelspalten darauf verteile, etwas Kristallzucker oben auf geben. Mit einer Reibe das alte, harte Croissant zur Hälfte darüberreiben und versuchen, die seitlichen Teiglappen zusammen zu klappen, damit ein Strudel entsteht. 

Mit weicher Butter die Oberfläche einpinseln und mit braunem Zucker bestreuen, die Teigoberfläche wird dadurch knuspriger. 

Bei 180 Grad ca. 20 – 30 min backen – der Strudel soll Farbe annehmen. 

Wenn er fertig gebacken ist, mit Staubzucker bestreuen. Mit der zweiten Hälfte des Teiges genauso verfahren. 

Noch warm oder lauwarm genießen.

 

 

Der Strudel duftet herrlich nach den Äpfeln, der Butter und dem Zucker und schmeck auch so!

                                           Wirklich einzigartig ist aber dieser knusprige Teig!

 

Ich genieße jeden einzelnen Bissen, knusprig, der Geschmack nach Butter und Äpfel …köstlich!! 

Was ich aber noch viel mehr schätze, ist die Zeit, die mir die Signora geschenkt hat, die ich mit ihr verbringen durfte und in der sie mir sehr ehrlich einen Einblick in ihr Leben gegeben hat. 

Der Strudel wird in eine Schachtel verpackt, ist für meinen marito, also den Ehemann, meint sie. Ich solle bei der Heimfahrt nach Österreich auf die Schachtel aufpassen, und sie soll waagrecht liegen, damit der Strudel ja nicht zerbricht. Den Anweisungen folgend trete ich den Heimweg an, ob der Strudel wohl jemals den marito erreicht hat…?! 🙂 

 

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